EuroDeaf 2015
Text: Reinhard Brandt, Fotos: Anton Schneid/Peter Schöler
Datum: 14. Juli 2015
Zwei wie Pech und Schwefel
Porträt der Brüder Robin und Kevin Bayer
Trotz ihrer Jugend gehören die Brüder Robin (23) und Kevin Bayer (21) schon seit einigen Jahren zum Stamm der Deutschen Gehörlosen-Fußballnationalmannschaft. Beide sind absolut fußballverrückt und extrem ehrgeizig. Die Bayer-Brüder sind daher auch sehr enttäuscht, dass sie hier bei der EM in Hannover nach dem Viertelfinalaus gegen Russland nicht das Finale in der HDI-Arena, sondern lediglich das Spiel gegen Irland um den 5. Platz bestreiten werden. Die mit dieser Platzierung verbundene WM-Qualifikation ist für sie nur ein schwacher Trost. Sie war sowieso als selbstverständlich fest eingeplant.
Freude über den Treffer
Auch im Vereinsfußball gehen Robin und Kevin gemeinsame Wege und sind an vielen Wochenenden einer Doppelbelastung ausgesetzt. Samstags stehen in der Regel die Spiele für den Gehörlosen-Sportverein Karlsruhe auf dem Programm, während die Brüder sonntags in der Kreisliga für den FV Wössingen antreten. Die deutsche Gehörlosen-Fußballmeisterschaft wird nach dem Oberligasystem ausgetragen. Der GSV Karlsruhe tritt also von Herbst bis Frühjahr um die Baden-Württemberg Meisterschaft an und muss dort mindestens Platz drei belegen, um sich für die k.o.-Runde um die deutsche Meisterschaft zu qualifizieren. Der GSV Karlsruhe ist mit 9 Titeln deutscher Rekordmeister und scheiterte in diesem Jahr im Halbfinale an der GSG Stuttgart.
Das Team des GSV Karlsruhe, in den 90er Jahren das Bayern München des Gehörlosenfußballs, hat zurzeit viele junge Spieler und befindet sich im Neuaufbau. Robin und Kevin Bayer sind absolute Leistungsträger und davon überzeugt, dass ihre Mannschaft in den kommenden Jahren den einen oder anderen Meistertitel holen kann. Vorbild ist Vater Eberhard, der in den 70er Jahren ebenfalls für den GSV Karlsruhe kickte und an drei Meistertiteln beteiligt war. Da haben seine Söhne noch Nachholbedarf. Robin wurde mit dem GSV 2010 und 2012 Deutscher Meister, Kevin war 2010 noch zu jung, gehörte also bisher erst einmal zur Meistermannschaft der Karlsruher.
Im Fußball der Hörenden spielen Kevin und Robin seit zwei Jahren für den FV Wössingen, wo sie sich sehr wohlfühlen. Sie sind 2013 dorthin gewechselt, weil sie im Vorgängerverein auch aufgrund ihrer Gehörlosigkeit nicht so gut zurecht kamen. Man nahm z.B. wenig Rücksicht auf die besonderen Ausbildungsbedingungen Gehörloser. Kevin besuchte während der Woche ein Internat in Freiburg, Robin musste häufig zum Blockunterricht nach Essen. Aufgrund der verpassten Trainingseinheiten wurden sie dann ungeachtet ihrer Leistungsstärke oft nicht für die erste Elf berücksichtigt.
In Wössingen ist nun alles perfekt! Mit Torhüter David Seiberlich spielt dort ein weiterer gehörloser Nationalspieler. Trainer Thomas Scherer gibt sich sehr viel Mühe, auf seine gehörlosen Spieler einzugehen. Diese danken es ihm mit Topleistungen. So konnte man in der abgelaufenen Saison den Aufstieg in die Kreisliga feiern, zu dem die Bayer-Brüder mit jeweils 17 Treffern maßgeblich beigetragen haben. Ein Jahr zuvor war Robin mit 24 Toren sogar Torschützenkönig der Kreisklasse A.
Beleg für die Harmonie im Verein ist auch, dass der FV Wössingen einen Bus gechartert hätte um mit vielen Mitgliedern zum Finale der EM in die HDI-Arena zu kommen, wenn Deutschland und damit die Bayer-Brüder im Endspiel der EuroDeaf 2015 vertreten gewesen wäre. Ein Grund mehr für Robin und Kevin enttäuscht darüber zu sein, dass Deutschland nicht im Finale steht.
Die Brüder sind aber noch jung und vor allem ehrgeizig genug, es in den kommenden Jahren besser zu machen. Gelegenheit gibt´s genug. Im kommenden Jahr steht die Weltmeisterschaft in Italien auf dem Programm, ein Jahr später geht es zu den Deaflympics in die Türkei.
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