12. Tennis-Europameisterschaften der Gehörlosen
Anne Köster, Fotos: DGS Archiv
Datum: 24. Juli 2012
 
Die 12. Tennis EM – aus sportlicher wie organisatorischer Sicht ein voller Erfolg für Deutschland!
Am Samstag, den 21. Juli 2012 ging auf der Anlage des VfR Eintracht Karthause in Koblenz mit dem Mixed Finale und der Ehrung der Doppel eine lange und ereignisreiche Wettkampfwoche für 52 Aktive aus 15 Ländern zu Ende.
Deutschland bestätigte sich mit dreimal Gold und einmal Silber auf Platz Eins der europäischen Tennisnationen. Wieder war es allen voran Heike Albrecht, die entscheidend dazu beigetragen hatte. In Bukarest 2008 bei der 11. EM hatte Albrecht, damals 17 jährig, alle drei möglichen Titel geholt. Diese konnte die heute 21 jährige Spitzenspielerin in einem noch größeren Teilnehmerfeld und offensichtlicher Leistungssteigerung im europäischen Gehörlosen Damentennis mit ihren Partnern Verena Fleckenstein und Urs Breitenberger erfolgreich verteidigen.
Heike Albrecht vorn
Seit ihrem Abitur im Jahr 2011 konzentriert sich Albrecht vor Allem auf ihre Tenniskarriere, sie nutzt jede Chance, im Hörenden Tennis Punkte zu sammeln, sie belegt zurzeit Rang 182 in der deutschen Tennisrangliste der Damen. Das machte sich in diesem Turnier bemerkbar. Als eine von zwei Top Favoritinnen auf den Einzeltitel, hatte sie neben der auf 1 gesetzten Beatriz Villamandos-Lorenzo – in Spanien bei den Hörenden auf Rang 200 – auch mit der Französin Sophie Bernard eine ernstzunehmende Konkurrentin im Kampf um Platz 1. Albrecht zeigte eine durchgehend starke Leistung auf höchstem Niveau und setzte sich verdient durch.
Beatriz Villamandos-Lorenzo
Sophie Bernard
Die 35 jährige auf 2 gesetzte Deutsche Verena Fleckenstein, älteste Spielerin im Turnier, erspielte sich mit ihrem grundsoliden, technisch einwandfreien Spiel in einem Gesamteilnehmerfeld von 17 Mitkonkurrentinnen den Einzug ins Halbfinale gegen die lebhafte Französin Sophie Bernard, die sie auf Platz vier verwies.
Verena Fleckenstein
Vanessa Krieg, mit dreizehn die jüngste Spielerin im gesamten Turnier, gab ihr Debüt im internationalen Tennis im Vorrundenspiel gegen die stärkste russische Spielerin Anastasia Chumak und erlitt das Schicksal, das ihre Gegnerin vor 4 Jahren in Rumänien ereilte, gleich im ersten Spiel gegen eine deutlich stärkere Spielerin aus dem Turnier auszuscheiden. Krieg zeigte in all ihren Spielen eine viel versprechende Anlage, für einen Sieg, egal ob im Einzel oder Mixed war es noch zu früh.
Vanessa Krieg
In einem Teilnehmerfeld von 35 Spielern schafften Urs Breitenberger, Sebastian Schäffer und Hans Tödter den Einzug ins Viertelfinale des Einzelturniers der Herren. Auf Grund der Auslosung traf Thomas Meiler gleich in seinem zweiten Vorrundenspiel auf den amtierenden Europameister Gábor Máthé aus Ungarn. Máthé überzeugte schon in diesem Match mit einem ausgezeichneten, technisch hochkarätigen Spiel, Meiler musste trotz vollem Einsatz und großer Motivation eine Niederlage hinnehmen.
Thomas Meiler
Sebastian Schäffer
Mit Urs Breitenberger hatte Deutschland seinen stärksten Spieler am Start – auf der deutschen Rangliste belegt er Platz 621 und damit den höchsten Rang unter den gelisteten Spielern mit Hörverlust. Breitenberger traf bereits im Viertelfinale auf den französischen Löwen Mikael Laurent. Der 33 jährige Franzose war in diesem Turnier vor allem angetreten, um sich den 2008 an Máthé abgetretenen Titel zurückzuholen. Mit Laurent traf Breitenberger früh im Wettkampf auf einen turniererfahrenen, anspruchsvollen und sicheren Spieler. Breitenberger verkaufte sich teuer, zeigte eine großartige Leistung und musste sich am Ende doch geschlagen geben.
Urs Breitenberger
Seine deutschen Mitstreiter Schäffer und Tödter schieden ebenfalls im Viertelfiale aus, Schäffer konnte sich gegen Mario Kargl aus Österreich, einen der Topfavoriten, nicht durchsetzen, Tödter unterlag dem Franzosen Vincent Novelli, der seit dem Doppelsieg der Franzosen 2009 in Taipeh mit zum starken Lager des internationalen Tennis zählt.
Hans Tödter
Das Herren Einzel Finale bestritt Máthe gegen Laurent in einem fünfstündigen, herausragenden Match, Laurent erreichte sein Ziel und holte den knappen Sieg gegen Máthe und den Titel zurück.
Mikael Laurent
Gábor Máthé
Deutsche Favoriten für das Doppelturnier waren die beiden Damen und das Duo Breitenberger/Tödter. Beide machten ihrem Ruf alle Ehre. Albrecht/Fleckenstein verteidigten den Titel gegen das britische Duo Brookes/Fletcher, Breitenberger/Tödter gingen nach einem harten und knappen dreistündigen Finale gegen Laurent/Novelli als Vizemeister vom Platz.
Breitenberger/Tödter
Laurent/Novelli
Letztes Gold für Deutschland holte die Mixed Paarung Albrecht/Breitenberger wieder gegen Frankreich mit Bernard/Laurent.
Bernard/Laurent li.und Albrecht/Breitenberger re.
Gemäß Medaillenspiegel dominierten Deutschland und Frankreich das Turnier, aber auch Großbritannien ist immer wieder mit starken Spielerpaarungen vertreten, mit Bethany Brookes wächst im Damentennis eine Herausforderung für die Spitze heran. Österreich trägt mit neuen und starken Spielern wie Robert Gravogl zum Niveau bei, Italien formiert sich nach Ausscheiden von Tennisikone Barbara Oddone mit jungen Talenten neu. Die Türkei, Griechenland und Russland, verhältnismäßig neu im internationalen Tennisgeschehen, erweitern das Teilnehmerfeld, müssen aber ihr Leistungsniveau noch erheblich steigern, um an die Spitze anknüpfen zu können. Dadurch bleibt das Leistungsgefälle insbesondere in den Vorrunden offensichtlich und der wahre Kampf der Giganten beginnt bei den Herren mit einer Spitze von acht Favoriten im Viertelfinale, bei den Damen mit vier Spitzenspielerinnen im Halbfinale.
Robert Gravogl
Bethany Brookes
Insgesamt nimmt das europäische Tennis eine interessante Entwicklung. Noch ist die Spitze konstant, aber es rücken neue Gesichter nach. Neben der jungen Vanessa Krieg aus Deutschland standen insgesamt vier weibliche und fünf männliche sehr junge Teilnehmer auf dem Court, die später die Chance zur Teilnahme am Jugendturnier nutzten. Darunter waren spielstarke Überraschungen wie Bethany Brookes aus Großbritannien, die bei ihrer ersten EM Teilnahme im Doppel mit Catherine Fletcher Silber holte, Marino Kegl aus Slowenien, der mit Talent und starkem Spiel gegen den amtierenden Europameister Gábor Máthé überzeugte sowie der Brite Jack Clifton. Das in die EM eingebettete Turnier mit insgesamt 16 Teilnehmern und Teilnehmerinnen zeigte deutlich, dass das internationale Gehörlosen Tennis eine vielversprechende Zukunft hat.
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