Ein Erfolgsjahr für eine Ausnahmesportlerin!
Text: Anne Köster, Fotos: DGS Archiv
Datum: 16. Januar 2017
Nele Alder-Baerens vergoldet sich 2016 mit fünf Titeln und knackt drei Weltrekorde
Nele Alder-Bearens
Nele Alder-Baerens läuft – viel, lang, ausdauernd und meist schneller als die anderen. 2013 startete sie ihre zweite Sportkarriere beim Berlin-Marathon und verbesserte bei ihrem Marathon-Debüt auch gleich den Gehörlosen Frauen Weltrekord um 7 Minuten auf 2:46:07. Inzwischen ist sie in der gesamten Welt des Marathon und Ultramarathon eine bekannte Größe. Und das Jahr 2016 war offensichtlich ihr Jahr!
Im März 2016 lief sie in der Hauptstadt bei den Deutschen Meisterschaften über 50km Straße mit 3:20:33 eine halbe Stunde vor ihrer Verfolgerin Patricia Rolle über die Ziellinie, vier Wochen später holte sie den zweiten deutschen Meistertitel im 6-Stunden Lauf in Nürnberg und stellte dabei einen neuen Deutschen Rekord und einen W35 Weltrekord (Hörende) auf. Im polnischen Stara Zagora anlässlich der 3. Gehörlosen Leichtathletik Weltmeisterschaft kam sie bei brütender Hitze als Gehörlosen Marathon Weltmeisterin 2016 ans Ziel. Darüber hinaus holte sie in der offenen Wertung mit den hörenden Teilnehmerinnen den 2. Platz und stellte als Splitzeit einen neuen Halbmarathon Gehörlosen Weltrekord auf. Sie erweiterte im August ihre Sammlung um den Titel Deutsche Meisterin über 100 km und knackte einen weiteren Gehörlosen Weltrekord. Im Oktober beim 50 km Rennen im Taubertal folgte der fünfte 1. Platz und mit dem Vizeweltmeistertitel bei den IAU 50km World Championships in Doha, Katar setzte sie dem Jahr die silberne Krone auf.
 
In Anerkennung dieser Leistungen und Erfolge wurde sie vielfach ausgezeichnet, der DGS und auch die DUV kürten sie zur Sportlerin des Jahres 2016, und der DLV wählte sie im November zum Ass des Monats. Jetzt wurde sie ebenfalls vom Weltverband des Gehörlosen Multisports, dem ICSD, zur Weltsportlerin des Jahres 2016 ausgerufen.
 
Zu früh geboren, stark kurzsichtig und seit ihrem 13. Lebensjahr vollständig ertaubt, steckt sich die promovierte Diplomphysikerin, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Charité in Berlin arbeitet, ihre Ziele im Leben und im Sport selbst. So schnell und vor allem konsequent wie sie ihr Studium um anderthalb Semester früher und als Studiengangerste beendete, ihre danach folgende Promotion und ihre beruflichen Ziele verwirklichte, genauso gezielt und unabhängig strebt sie ihren sportlichen Erfolg an (ohne Trainer) – und der gibt ihr Recht.
 
Laufen ist ihr Lebenselixier, schon als Kind steckte sie voll unbändigem Bewegungsdrang, sie rannte stets anstatt zu gehen. Bei einem Interview mit dem Laufticker nach dem Erfolg von Doha sagte sie: „Und wenn die Leistungen nicht mehr ausreichen für Wettkämpfe, kann ich mir trotzdem nicht vorstellen, mit dem Laufen aufzuhören. Ich träume dann von Etappenläufen, Wüstenläufen (wegen der kargen Landschaft) oder eben privat für mich weiter zu laufen, einfach so. Und wandern sowieso. Jedenfalls kann ich einfach nicht stillsitzen.“ Fünfmal die Woche läuft sie zwei bis drei Stunden, vor oder nach dem Arbeitstag. Ihr Sport ist für sie ein Mittel sich mental zu entspannen, physisch wie psychisch an ihre Grenzen zu gehen und sich weiter zu entwickeln. Und selbstverständlich sucht sie den Erfolg.
Ihre Gehörlosigkeit wertet sie in mancher Hinsicht als Vorteil, sie legt beim Laufen grundsätzlich ihre Cochlear Implantate ab, die ihr im sonstigen Leben eine unkomplizierte Kommunikation ermöglichen. In der sie umgebenden Stille gelingt es ihr, sich vollends auf ihre Bewegungsabläufe zu konzentrieren: „Ich spüre intensiv einen Einklang, die reine Kraft des Laufens, die Freude an der harmonischen, flüssigen Bewegung und fühle mich EINS mit der Welt“, sagte sie gegenüber Laufticker. Das, was sie durch ihre Gehörlosigkeit an Einschränkungen erlebt, hat sie längst gelernt auszugleichen.
 
Schon von 1998 bis 2006 war Nele Alder-Baerens über Mittel – und Langstrecke für den DGS erfolgreich. Sie stellte diverse Europa- und Weltrekorde auf, wurde im Jahr 2000 zur Junior Sportlerin des Jahres der Stiftung Deutsche Sporthilfe gekürt und für ihre deaflympischen Erfolge zweimal mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet.
Heute ist sie zurück im DGS und bereitet sich auf den Marathon der 23. Sommer Deaflympics 2017 vor, bei denen sie für Deutschland starten will.
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