8. Leichtathletik-Europameisterschaften der Gehörlosen
Anne Köster, Fotos DGS Archiv
Datum: 22. Juli 2011
8. Leichtathletik-Europameisterschaften der Gehörlosen
vom 10. – 16. Juli 2011 in Kayseri/Türkei
2 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze
Bei insgesamt 39 Wettkämpfen traten vom 10. bis 16 Juli in der Provinzhauptstadt Kayseri die europäischen Spitzenathleten und -athletinnen an, um nach vier Jahren erneut die Besten unter sich zu bestimmen.
Deutschland hatte die Herausforderung mit fünf Athletinnen und acht Athleten angenommen. Die wahren Sieger 2011 unter den Deutschen waren die jungen Frauen.
Als eine große Überraschung für Deutschland, aber sicher auch für sich selber, gelang es Nadine Brutscher, sich den Titel Siebenkampf-Europameisterin 2011 zu erkämpfen. Sie hatte sich mit 3600 Pkt. auf dem vorletzten Rang weit hinter der bulgarischen Favoritin Elena Uzunova mit 4100 Pkt. für die Teilnahme an ihrer ersten EM qualifiziert. Während der gesamten zwei Wettkampftage zeigte sich die 17jährige aus Haldenwang souverän und zuverlässig. Sie knackte eigene Bestzeiten, steigerte konsequent ihre vorgelegten Zeiten und Weiten und hatte sich schon am ersten Wettkampftag ein sattes Polster von 378 Pkt. Vorsprung vor ihren Mitkonkurrentinnen zugelegt. Für sie hieß es am nächsten Tag mit 4203 Pkt. Gold bei ihrem Debüt – ein durchschlagender Erfolg, der hoffen lässt.
Jessica Urbanski machte ihrem Ruf als deutsche Favoritin und viel versprechendes Nachwuchstalent auf Weltniveau alle Ehre. Auch ihr gelang über 100m mit 2,08 sec. ein enormer Leistungssprung direkt ganz oben auf das Siegerpodest, nebenbei knackte sie im Halbfinale den bestehenden Juniorenweltrekord. Die ehrgeizige 17jährige Hagenerin und neue Europameisterin 2011 zeigt eine konsequente Steigerung über die letzten Jahre hinweg, ein Ergebnis disziplinierten und qualifizierten Trainings und einer vorbildlichen Haltung dieser jungen Spitzensportlerin.
Die Dritte im Bunde der Medaillengewinnerinnen ist Georgina Schneid, amtierende Vizeweltmeisterin im Siebenkampf 2008, die sich in den Einzeldisziplinen 100m Hürden und Speerwurf mit der europäischen Spitze messen ließ. Sie holte sich mit dem Speer und einer Weite von 34,19m die Bronzemedaille.
Nina Wuczynski, das neue Gesicht aus Hamburg, konnte sich bei ihrem Debüt im Hochsprung gegen die Konkurrenz nicht durchsetzen, zu der Aufregung bei ihrem ersten internationalen Sprungwettkampf kam eine leichte Verletzung. Marta Dausch, in den Weitsprungdisziplinen zu Hause, gelang leider auch bei dieser EM kein Medaillenrang.
Die Hoffnung auf einen Staffelsieg erfüllte sich für die Frauen nicht, mit einem Wimpernschlag von 0,02sec. überquerte Deutschlands Läuferin Schneid die Ziellinie nach der ukrainischen Läuferin.
Die Wettkämpfe der Männer standen während der gesamten Meisterschaft unter keinem guten Stern, fast alle blieben hinter ihren Leistungen zurück, leider gelang nicht eine Einzelmedaille. Dennoch verkauften sich die deutschen Läufer teuer, insbesondere Daniel Helmis über 800 und 1500m, Valentin Schuhmann über 5000m und 10000m und Thomas Göpfert über 10000m und sie können mit ihrer Leistung durchaus an die europäische Spitze anknüpfen. Der Sprinter Matthias Fischer hatte einen Titel zu verteidigen und zeigte eine Leistungssteigerung, die ihm zwar den Einzug ins Finale sicherte, am Ende lag er jedoch zu weit zurück, um sich noch unter den Besten einzureihen, sein Titel ging an den Ukrainer Mykola Nosenko.
Der junge Rückkehrer Florian Schlosser verpasste in den Sprintdisziplinen den Einzug ins Finale, auch im Weitsprung gelang ihm leider kein Platz unter den Ersten. Debütant Axel Bräuninger aus Neustadt/Aisch konnte bei seinem ersten internationalen Hochsprung Wettkampf nicht die gewohnte Leistung abrufen, er scheiterte an der 1,90m Marke.
Christoph Bischlager, amtierender Zehnkampfweltmeister 2008 hatte Pech, die Disziplin kam wegen mangelnder Meldungen nicht zu Stande. Er probierte sich in seinen Stärken, den Wurfdisziplinen, konnte aber zu keiner Zeit an die Einzelleistung der starken Konkurrenz aus Osteuropa und der Türkei heranreichen.
Die 4X100m Staffel der Männer gab den deutschen Vertretern dann die Gelegenheit, noch einmal gesammelte Stärke zu zeigen und in einem reibungslosen Durchlauf holten sie Silber.
Im Verlauf der EM hatten sich vor allem die Russen und Ukrainer in großer Breite mit einem eindeutigen Leistungsvorsprung die ersten Plätze gesichert, gefolgt von den Polen, die in der Leichtathletik eine immer größere Rolle spielen und Weißrussland, das schon immer mit einigen wenigen, aber sehr leistungsstarken Athleten und Athletinnen vertreten ist. Westeuropa hat erneut zu spüren bekommen, dass die Konkurrenz nicht schläft und das liegt nicht nur an der Semiprofessionalität der Russen und Ukrainer, Polens und Weißrusslands Spitzensportler werden ebenso wenig für ihren Sport bezahlt, wie die Deutschen und andere west- und südeuropäische Spitzensportler und -sportlerinnen.
Dennoch ist Rang fünf im Medaillenspiegel für Deutschland ein zufrieden stellendes Ergebnis, das den derzeitigen Leistungsstand der deutschen Athleten und Athletinnen widerspiegelt. Deutschland formiert seinen Kader neu und hat im Hinblick auf die Zukunft mit sehr leistungsstarken jungen Frauen und einem ausbaufähigen Männerkader gute Chance auf eine erfolgreiche Weiterentwicklung.
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